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Ernst Deutsch Theater: Werkstatt der Kreativität

Titelbild: Kohana Williams: Desire // Yun Lin (Angabe unter Vorbehalt)
/www.silvanoballonephotography.com

„Einmal im Jahr entfalten die Absolventinnen und Absolventen der Ballettschule des Hamburg Ballett im Ernst Deutsch Theater ein spannungsvolles Kaleidoskop aus ihren musikalisch und stilistisch facettenreichen Choreografien. Die eigenständig erarbeiteten Tanzkompositionen sind das Ergebnis eines mehrmonatigen Kreationsprozesses, in dem die angehenden Tänzerinnen und Tänzer ihr schöpferisches Potenzial erkunden und choreografisch zum Ausdruck bringen. Dabei sind die Nachwuchskünstlerinnen und –künstler vielseitig gefordert, denn sie sind nicht nur für die Musikauswahl und die Choreografie, sondern auch für die Kostümgestaltung sowie das Licht- und das Bühnenbildarrangement verantwortlich. Für die mitreißende Interpretation der abwechslungsreichen Programme sorgen ihre Mitschülerinnen und -schüler aus den Abschlussklassen.“

Die Freude der Jugend am Kreieren

Soweit die Beschreibung des Hamburg Balletts über dieses interessanten Projekts, das jährlich  mit  zwei unterschiedlichen Programmen   (I: 4., 5.& 6.3., ! I: 8., 9.&10. 3. ) im Ernst Deutsch Theater stattfindet. Die Begrüßung durch drei der Choreograf*innen, berührte durch ungekünstelte Authentizität und spürbare Freude am gewählten, zukünftigen Beruf. Allein schon dies erfüllt jemanden wie mich, der zwar trotz fortgeschrittenen Alters dem Internet sehr positiv gegenübersteht, mit einer beinahe nostalgischen Hoffnung. Denn abseits von Klick- und Like-Zahlen in oft mindestens 6-stelliger Höhe, zeigen hier junge Leute, die kurz vor dem Ausbildungsabschluss stehen, was sie können und wofür sie brennen. Einfach so, ohne allzu große Aussicht auf, (Social)Media geförderten Erfolg und Ruhm.

Darum vorab schon: Danke, dass es euch gibt! Und schön, dass jede und jeder von euch, egal ob als Tänzer*in oder Choreograf*in etwas zu erzählen habt! Ihr seid „Menschen die tanzen/choreografieren und nicht tanzende/choreografierende Menschen“.

Ja, diese Beschreibung ist ein Zitat von John Neumeier, spricht aber sicher vielen aus dem Herzen, beschreibt es doch, was man von Künstler*innen auf Theater/Opern und Ballettbühnen erwartet.

Igor Genovesi: Cavalleria Rusticana,
Zeyrep Demirel, Eleftherios Efthimios Sarafis
FotoCredits SilvanoBallone

Von den vielen Aspekten des Lebens

Es wurden 18 Stücke von 14 Schüler*innen der diesjährigen Theaterklasse(n) gezeigt. jedes Ballett wurde von ganz persönlichen, gesprochenen Gedanken der Choreografen eingeleitet, stets geht es um mehr oder weniger Alltägliches, das beim näheren Betrachten oft doch für unser Fühlen und Handeln doch von tieferer Bedeutung sind.

Jede und Jeder, ob Tänzer*in oder Choreograf*in, hat bereits eine ganz eigene (Körper)Sprache, die nicht immer ganz frei von „neumeierischen“ Einflüssen scheinen, aber nie (!!!!) Imitation sind.
Alle Stücke haben Erwähnung verdient, sei es Igor Genovesis Pas des Trois Cavalleria Rusticana, mit Musik aus der gleichnamigen Oper, der durch Musikauswahl, gradlinigen Erzähl- und klassisch anmutenden Tanzstil irgendwie aus der Rolle fällt oder auch Delayed von Oscar Flight, eine Flughafengeschichte bei der Flight einen guten Blick auf verschiedene Charaktere beweist.

Kohana Williams dann erlaubt uns sogar gleich drei Mal einen Blick auf das, was sie bewegt und inspiriert. Desire ist ein bewegend von der jungen Yun Lin getanztes Solo. Bounce jedoch ist eine Art getanztes Ping-Pong-Spiel mit dazu passenden Lauten und symbolisiert den freudigen Blick auf die Zukunft. Auch Eleftherios Efthimios Sarafis präsentiert zwei auf unterschiedliche Weise beeindruckende Werke. Brusk hat etwas leicht beängstigendes, einfach durch die, wunderbar von Pilar Cardozo ausgeführten, exakten, eckigen wie ferngesteuerten Bewegungen zu elektronischen Rhythmen. Das Ende ist der Anfang, bietet viele Aspekte und Momente sich selbst wiederzuerkennen und wiederzufinden.

The Shadow von Yulia Utesova
Kohana Williams
FotoCredits SilvanoBallone

Die Qual der Wahl?

Mir ist bewusst, es fehlen immer noch zwölf Stücke, ganz zu schweigen von den Tänzer*innen, die ich bisher nicht erwähnte und bedauerlicherweise auch nicht erwähnen werde, denn ich merke, täte ich es, käme ich vom 100. ins 1000. und so weiter. Dann wenigstens Favoriten nennen? Eine undankbare, irgendwie auch ungerechte Aufgabe, vor der ich mich am liebsten drückte. Doch am meisten in den Bann zogen mich neben Desire und Brusk, World in the Mirror von Yuki Mitsouka. Aber auch The Shadow von Yulia Utesova ist ein wunderschön vielschichtiges Opus, eine Zwiesprache zwischen Hell und Dunkel. Schwarz und Weiß, einfühlsam getanzt von Pilar Cardoza und Kohana Williams. Mich zwingend wirklich nur noch ein letztes Ballett zu erwähnen, fällt meine Wahl auf Before and After von Katharina Heinrich. Sie erzählt vorwiegend durch Maria Weisinger Braun und Miguel Alves Oliveira, von den Irrungen und Wirrungen einer jungen Frau, deren Schutzengel sie immer wieder auffängt. hält und sanft leitet.

Fazit: Dieser Abend hallt nach, vielleicht besonders aufgrund meiner bereits erwähnten Hochachtung für jede Einzelne, jeden Einzelnen, dieser noch so jungen Leuten und ihren Enthusiasmus, ihr Engagement. Darum für alle, zusätzlich zu dem Jubel des Publikums, hier meine ehrliche Révérence.

Birgit Kleinfeld, (Vorstellungsbesuch 4.3.2024)

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