Titelbild: Privatarchiv
Vor knapp zwei Wochen wurde die, knapp 21-jährige, Malaysierin Magdalena Ho mit dem Internationalen Deutschen Pianistenpreis ausgezeichnet, nun gab sie im Kleinen Saal, der der „Elphi“ angegliederten Laeiszhalle ihr Deutschlanddebüt. Sie verzauberte das Publikum auch mit ihrem sympathisch bescheidenen Auftreten, beeindruckte jedoch in erster Linie mit der brillanten Leichtigkeit ihres Spiels. Auch faszinierte Ho damit, dass es ab dem ersten gespielten Ton nur noch sie, den Flügel und die Melodien von Beethoven und Schubert zu geben schien.
Der Internationale Deutsche Pianistenpreis ist bei weitem nicht der einzige, den die Künstlerin bisher errang, so war sie im vergangene Jahr auch Siegerin der Clara Haskil International Piano Competition 2023. Wie die Kurzbiografie des Programmheftes weiterhin mitteilte, sind für 2025 unter anderem Auftritte mit dem SWR Symphonieorchester sowie Solokonzerte im Concertgebouw Amsterdam und bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern geplant. Gemessen daran und vor allem an ihrem Auftritt hier in Hamburg, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, dass wir sie irgendwann auch in dem wie ein Schiffsbug geformten Gebäude, der Elbphilharmonie, erleben können.
Imponierend finde ich stets, wenn Künstler*innen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, auf Werke, die zum sogenannten „Mainstream“ gehören, verzichten und sich denen widmen, die zwar nicht gänzlich unbekannt, doch etwas weniger populär sind. Selbst bei der Zugabe Nr. 1 aus 8 Klavierstücke op. 76 von Brahms, setzte Ho auf Kunstfertigkeit und abwechslungsreiche Virtuosität, statt auf einen „Selbstläufer“ wie zum Beispiel Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen“ oder eines der Préludes von Chopin.
Für ihr Hauptprogramm wählte Magdalena Ho Ludwig van Beethovens Sechs Bagatellen op. 126 (1824) und Franz Schuberts Sonate G-Dur D 894 „Fantasiesonate“ (1826). Die „Bagatellen“ sind kurze Stücke, in denen sehr viel virtuose „Würze“ liegt, die Magdalena Ho auf eine Weise zum Klingen bringt, die mühelos in den Bann zieht. Nicht nur erste Stück: Andante con moto cantabile e compiacevole (was auf etwa auf „sangbare, angenehme Art ruhig“ zu spielen, bedeutet) interpretierte sie zum Beispiel mit viel gefühlvoller Intensität und kraftvoller Leidenschaft. Auf melodiös federleicht dahin perlendes Piano in den höheren Registern folgte nahtlos Forte/ Fortissimo in den mittleren und tiefen: wie Stimmungswechsel, die sich nicht bekämpfen, sondern sich zu einem Ganzen ergänzen. So wie ich für Sänger*innen, die mich sehr berühren, gerne den Ausdruck „sie/ er scheint die Rolle zu leben“ benutze, gilt hier: Sie schien jedes Stück oder, bei der Schubert Sonate, jeden Satz, mit zu (er)leben. Damit gelingt es ihr, das Publikum nicht nur zu erreichen, sondern mit in ihre Welt zu ziehen, unterstützt sie ihr exzellentes Spiel doch, durch Mimik und Gestik, die ihr Gefühl wie auch die Aussagen der Musik widerspiegeln.
Fazit: Die zurückhaltende Art, mit der Magdalena Ho, Jubel und Applaus entgegennahm, interpretiere ich mit: „Ach, ich mache doch nur, was ich liebe!“. Die Art, wie sie letztlich bescheiden, ihre rechte Hand kurz dankend an ihr Herz legte, wie es viele ihrer Kolleg*innen mit mehr Intensität tun, möge ihr noch lange erhalten bleiben, betont sie damit doch ein Mal mehr, dass die Musik ihr wichtiger ist und mehr gibt als das „Drumherum“.
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 14.12.2024
Videos
Clara Haskil International Piano Competition 2023: (oben Finale, unten Semi-Finale
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