Titelbild: Alexandra Boisen
Noch bevor ich beginne, im Einzelnen über die Premiere von Gottfried Greiffenhagens (Buch) und Franz Wittenbrinks (Musik) Stück Die Comedian Hamonists an den Hamburger Kammerspielen zu berichten, möchte ich etwas betonen: Die Betonung im Titel liegt ganz allein auf dem „mich“, denn ansonsten wird es, objektiv gesehen absolut zu Recht, sicherlich ein großer Erfolg. Schon gestern war der Applaus langanhaltend und 4 (!) Zugaben fordernd.
Mein Titel ist ein Zitat aus dem Stück, geäußert von Bruno Levy (Ingo Meß) dem Agenten der Comedian Hamonists nach deren allerersten gemeinsamen Vorsingen. Es trifft halt meine Eindrücke, besonders auf den ersten Teil bezogen, exakt. Das Stück beginnt, als Harry Frommermann, der Gründer der Band, Mitglieder sucht. Die Personen, alle unpassend für eine seriöse Gesangsgruppe, haben schon etwas Urkomisches, doch berühren sie meine ganz persönliche Grenze des Fremdschämens, für mich wäre weniger mehr gewesen. Und überhaupt empfinde ich, oder nein, habe ich ein ganz klein wenig mehr Ernsthaftigkeit erwartet. Mir hätte der wunderbar doppeldeutige Humor der Lieder gereicht, um die Intentionen, den Erfolg, das Besondere der Comedian Harmonists zu verstehen. Aber ich kann auch nachvollziehen, dass der Abend von anderen als „Wunderbar!“, „Einfach herrlich!“ oder „Köstlich!“ bezeichnet wurde.
Die Lieder machen einfach Spaß, und zwar auch den sechs Comedian Harmonists-Darstellern Jonathan Wolters (Erwin), Sebastian Hammer (Ari), Max William West (Roman), David Wehle (Erich), Andres Vercoutere (Harry) und Dominic Angler (Robert). Jeder schien sich mit seiner Rolle identifizieren zu können, brachten dem Publikum, die Wut, die Verzweiflung und auch den, in den Augen der drei jüdischen Sänger (Roman, Erich, Harry), verräterischen Selbsterhaltungstrieb der anderen (Ari, Erich, Roert), berührend nah. Kurz nachdem den jüdischen Mitgliedern das Auftreten verboten wurde und noch bevor sie, aus bekannten Gründen, Deutschland verlassen mussten, suchten die anderen schon nach neuen Sängern, für eine neue Band unter neuem Namen.
Auch Ingo Meß, der im Laufe des Stückes sage und schreibe zehn Rollen spielte, verdient Hochachtung.
Das Bühnenbild ist von Birgit Voß einfach gehalten, die Kostüme der damaligen Zeit angepasst, sodass der Fokus ganz auf Personen, Musik, Geschichte und Regie lieg. Regisseurin Cornelia Schirmer, verlässt sich zu Recht auf das Können ihrer Protagonisten. Eine Frage bleibt für mich unbeantwortet oder sogar zwei, nämlich diese: Wird aus Zeitmangel nicht näher auf die USA-Tour eingegangen? Oder hab ich es verpasst? Und – nun werden es doch sogar drei Fragen: Warum trägt Roman Darsteller Max William Best in einer Szene, unkommentiert in Handlung und Wort, ein 20er Jahre Tanzkleid? Okay, es scheint auf einen Nebenjob hinzuweisen, aber da ich bisher nichts biografisch finden konnte, das auf einen Job, eine solche Veranlagung hinweist, kommt mir dieser „Gag“ (?) im Nachhinein aufgesetzt vor.
Fazit: Wissen Sie, ja, ich stehe zu meiner Meinung, doch ich stehe auch dazu, dass Rezensionen wie Interpretationen niemals allgemeingültig sind. Ernst zu nehmen schon, aber nicht so sehr, dass es sich nicht lohnt, eigene, vielleicht alles widerlegende, Eindrücke zu sammeln! Und, nicht weitersagen, aber eines der wunderbaren Lieder, nämlich „Schöne Isabella aus Kastilien“ begleitet mich bis zu diesem Moment als Ohrwurm!
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 24.112024
Jan-Christof Scheibe 27. November 2024
Ihre Frage zu dem Kleid beantwortend: Das nennt sich Phantasie bzw künstlerische Freiheit. Das Stück ist ja – das haben Sie in Ihrer Kritik vielleicht außer acht gelassen – kein Dokumentarfilm. Bin gespannt, ob Sie in der HHer Theaterszene jemanden oder etwas finden, das sie „abholt“. Andernfalls kann man ja auch zuhause bleiben, wenn es da hübsch und gemütlich ist.
Birgit Kleinfeld 27. November 2024
Wissen, Sie ,lieber Herr Scheibe,
klar, dass das Fantasie ist. Ihren Unmut auf meine Meinung finde ich schade, denn ich greife niemanden an, sondern begründe nur, was mir nicht gefällt und dass ich auf jeden Fall an einen Publikumserfolg glaube.
Freundliche Grüße
Birgit Kleinfeld
Alexandra Boisen 27. November 2024
Sorry Herr Scheibe
Auch ich hätte gut auf diese Szenen verzichten können
Auch ein Herr Reihe vor mir hatte ähnliches gesagt.
Ihre Freiheit das is richtig
In der Serie Babylon Berlin passt so etwas besser aber nicht zu einem Stück über diese legendäre Gruppe