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St. Pauli Theater-Ulrich Tukurs Venedig: Wer schwankt, steht sicher auf schlingerndem Grund

Titelfoto: PhotoCredits; http://www.katharinajohn.com/

Warum ich diesen Titel für meinen Bericht über Ulrich Tukurs literarisch-musikalische Lesung „Eine Nacht in Venedig“ im St. Pauli Theater wählte, vermag ich nicht zu sagen. Für mich enthält dieses Zitat aus seinem Buch „Eine Seerose im Speisesaal“ eine gewisse metaphorische Vielschichtigkeit, die mir gefällt und passend erscheint.

Dieses schöne Lied gab es im Programm „Eine Nacht in Venedig“ als Zugabe

Der auch aus Theater, Film und Fernsehen bekannte, sehr renommierte Schauspieler beginnt den Abend, mit einem italienisch gesungenem Lied, und dem Rilke-Gedicht „Spätherbst in Venedig“. Schon mit den ersten Tönen/Worten gewinnt der Allrounder das Publikum durch seinen natürlich charmanten Vortrag. Er unterbricht sich selbst um, zum Beispiel, kurz aus Shakespeares unglückbringendem, schottischem Stück zu zitieren. Augenzwinkernd imitiert er Peter Zadek unter dessen Leitung er im Deutschen Schauspielhaus spielte und auch den Personen in seinen venezianischen Geschichten verleiht er Stimme, Dialekt und Charakter, sodass die Stimmung im Saal von stiller Heiterkeit erfüllt ist.

PhotoCreidits: Katharina John

Tukur ist halt nicht nur Musiker, und Leader der Band „Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys“, sondern auch sympathischer (Selbst)Darsteller, der nicht nur mit den Worten, die andere ihm oder den Figuren, die er darstellt(e), in den Mund legen. Tukur kann auch selber wunderbar Worte, Szenarien und Charaktere erfinden, die zeigen, wie gut und gerne er mit ihnen spielen kann. Zwischen den Zeilen bleibt immer ein wenig Raum für eigene Ideen, Bilder und Gedanken. Er zeigt auf, führt nicht vor. Und dies immer mit so viel Natürlichkeit, dass ich sicher bin, jede Lesung des gleichen Themas ist anders.

Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys zu sehen vom 19.– 21.12.2024 im St. Pauli Theater
PhotoCredits: Katharina John

Neben seinem allersten Abend in Venedig, während des berühmten Aqua Alto, der für den Titel des Buches verantwortlich zeichnet, lässt Tukur uns auf einem russisch orthodoxen Neujahrsfest, den achtjährigen, sprachgewandten Alexej kennenlernen, dessen Genuss von Wodka für einige Aufregung sorgte. Tukur beschwor, dass diese Szene wirklich so passiert wäre. Den Wahrheitsgehalt der Geschichte, die mich am meisten berührte und bewegte, zu glauben, überließ er seinen begeisterten Zuhörer*innen. In drei kleinen Kapiteln geht es um ein unbekanntes Ölbild, das sich im Besitz der Familie Tukur befinden soll und aus der Feder eines gewissen Carls (Spitzweg) stammt. Allein in diesen Szenen gelingt es Tukur eine ganz besondere Atmosphäre zu schaffen, die an einen historischen Mystery-Roman erinnert und auf liebevolle Art, die faszinierende Morbidität, den Bezug zu dem Tod schildert, mit der man das langsam schwindende Venedig verbindet

Fazit: Ein umjubelter Abend, der mich veranlasste, mir sofort nach der Heimkehr das Hörbuch zu kaufen und herunterzuladen, um jetzt, da ich diesen Text beendet habe, auch den Rest von Ulrich Tukurs Liebeserklärung an die Menschen Venedigs zu erfahren.

Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch,1.10.2024


https://www.st-pauli-theater.de/programm/ulrich-tukur/var/ri-1.l-L1/
https://ulrichtukurunddierhythmusboys.de/


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