Titelfoto alle Rechte: Caren Heuser
Die Idee zu dem Format Monday Night am First Stage Theater entstand vor circa 20 Jahren, zu einer Zeit als das Theater noch gar nicht existierte. Damals hat man sich an den spielfreien Montagen anderer Bühnen orientiert und ausschließlich an diesen Tagen gespielt. Doch was einmal funktionierte, funktioniert auch weiter im festen Haus, wie in der Premiere von Monday Night Mai 24 zu erleben war. Schüler aus dem zweiten und sogar dem ersten Ausbildungsjahr, das gerade erst im Januar begann, zeigten das bereits Gelernte und ernteten Applaus und Jubel von einem Publikum, das zwei Stunden wirklich gute, abwechslungsreiche Unterhaltung genießen durfte.
Von Craft Bieren und Jahrgangsweinen
Ein Besuch im First Stage Theater, dem Haus der Hamburger Stage School hat stets eine ungewöhnliche Wirkung auf mich, denn manchmal mischt sich eine kleine arrogante Stimme ein um mir die Vorfreude zu nehmen. Es ist die Stimme der Opern-, Ballett- und Konzertliebhaberin, die die Nase über alle anderen Kunstformen, außer vielleicht dem klassischen Sprechtheater, rümpft. Doch fast sofort entlarve ich sie jedes Mal zu mindestens 85% Prozent, als nicht wirklich zu mir gehörend, sondern als Meinung jener, für die die klassischen Künste, aus welchen Gründen auch immer, die einzig Wahren sind, der ich mich aber nie so ganz entziehen kann, bis …
Ja, bis die Shows in diesem kleinen Theater beginnt, das mitten in einem Wohngebiet in der Altonaer Thedestraße eine Heimat gefunden hat und mich die Begeisterung und das Herzblut, das all die jungen Leute einfach ohne Gedanken an die „hohe Kultur“ mitreißen! Beides hat seine Berechtigung, verdient einfach unsere Anerkennung, so unterschiedlich Ausbildungen und Ziele auch sind. Mir ist bewusst, dass ich all meine Berichte über das First Stage Theater so beginne, aber es ist mir einfach wichtig. Denn ich finde Craft Biere, die ja eher als bodenständig gelten, und edle Jahrgangsweine haben beide einen gewissen Genusswert. Warum also nicht das eine wie auch das andere wertschätzen und sich an der unvergleichbaren Eigenständigkeit von beiden erfreuen?
Eine Rahmengeschichte und viel von allem
Die Monday Night Show ist nicht einfach eine Aneinanderreihung von bekannten Musicalsongs oder -tanzszenen, sondern erzählt eine kleine Geschichte, die subtil erstaunlich vielschichtig ist. Es geht um die Suche nach einer festen Beziehung, um Einsamkeit, verpasste Chancen, fehlgeleitete Liebe, die Unfähigkeit loszulassen, aber auch um Verlust und die heutzutage nicht seltene Angst vor Abschiebung. Doch natürlich steht Unterhaltung im Vordergrund. Die Botschaften stecken in der geschickten Songauswahl aus Musicals, Filmmusiken oder der Feder von Scott Burkell, USA for Africa, Fleetwood Mac, Peggy Lee und anderen. Vielleicht würde es die versteckten Botschaften noch verstärken, wären die Lieder auch zu den Stücken, bei denen Tanz im Vordergrund steht, ebenfalls auf Deutsch gesungen. Doch andererseits, nein, das ist kein echter Kritikpunkt. Die Tanzszenen, sei es Steppdance, Contemporary, Showtanz oder, oder … sind, gerade auch weil die Distanz durch einen Orchestergraben fehlt, so faszinierend anzusehen, auch, wenn es sich um ein Duett Sänger*in /Tänzer*in handelt. Wer achtet da schon auf den Text.
Wirklich wünschenswert wäre jedoch, gäbe es von allen Darstellern im Programmheft kleine Porträts mit Namen gäbe, um sie expliziter erwähnen zu können, besonders auch weil es keine Unterteilung in „nur“ Tänzer*innen, Schauspieler*innen oder Sänger’innen gibt, sondern jeder, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkte alles können lernen muss. So bleibt mir nur allen insgesamt für ihr Engagement, ihre Sanges-, Tanz-, und Spielfreude zu danken und Ihnen viel Erfolg während der Ausbildung und später auch danach zu wünschen.
Obwohl nein, einigen wenigen Liedern und Leistungen kann ich auch Namen zuordnen. Timo Stark, der nicht nur in Mr. Zellophan sein Gesangstalent bewies, sondern in anderen kleinen Szenen seine auch humoristische Vielseitigkeit zeigte. Noch mehr gilt dies für Nicole Torres Barker, die mit Burkells I really, really love you/Der Stalkersong in knapp vier Minuten einen Ein-Personen-Einakter bot und in anderen Szenen auch mitreißende, tänzerische Energie und Quirligkeit zu bieten hat.
Philine Ehrlich ist auch tänzerisch sehr begabt, doch sie war die Person an diesem Abend, die mich an meiner Opernfan-Seele traf, und zwar ziemlich tief. Sie meisterte die Arie der Christine „Wishing you were…“ aus Das Phantom der Oper mit darstellerischer Empathie und wunderschönem (Opern)Sopran. Gänsehaut!
Fazit: Kurz und bündig: Danke euch allen für zwei Stunden gute Laune und eine gewisse „Leichtigkeit im Sein„.
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 28.4.2024