Titelbild: Angela Brower, Benjamin Bernheim, Olga Peretyatko, Gideon Poppe, Luca Pisaroni, Bernhard Hansky, Chor und Komparserie (Premierenserie 2021)
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Die Ballade von Klein Zack, ( Il etait une fois …), Das Puppenlied Olympias (Les oiseaux …), die Barcarolle und nicht zuletzt die berühmte Diamantenarie (Scintille diamant) gehören zu den Melodien, die Jacques Offenbachs Oper Les Contes D’Hoffmann/Hoffmanns Erzählungen unsterblich machen. Auch wenn die Diamantenarie in der an der Hamburgischen Staatsoper zurzeit aufgeführten Fassung fehlt, begeisterten allein schon Offenbachs Melodien zusammen mit Daniele Finzi Pascas Inszenierung das Publikum im endlich wieder sehr gut besuchten Haus an der Dammtorstraße.
Hugo Gargiulo (Bühnenbild), Giovanna Buzzi (Kostüme), Maria Bonzanigo (Choreografie) und Roberto Vitalini (Video) zaubern zusammen mit Pizzi eine verzaubernde Atmosphäre, die durch einige Akrobaten, aber besonders auch durch die Atmosphäre, besonders im Giulietta-Akt, dem ein Hauch von Cirque du Soleil umgibt, zu dem nicht nur Pizzi eine berufliche Bindung hat.
Es sind, wie so oft, die Kleinigkeiten die ein faszinierendes Ganzes machen. Da sind die Akrobaten, die, teilweise in luftigen Höhen, als Double für Hoffmanns Muse (Fujumi Hamashima), Olympia / Antonias Mutter (Maybritt Mettbarn) und Hoffmann/Klein Zack (René Keller) mit Anmut und Charme oder Humor die Handlung bereichern. Stella, die Künstlerin aus Hoffmanns wahrem Leben, gleicht einer glamourösen Marilyn. Die drei von dem Dichter erfundenen Frauen, die er als seine Geliebten bezeichnet, finden sich in Atmosphären/Bildern wieder, die zu Ihren „Charakteren“ passt. Die Puppe Olympia „lebt“ in und auf einer Spieldose. Sängerin Antonia, zart und zerbrechlich, wird mehr oder weniger gefangen gehalten in einem Kabinett, das aus unzähligen Apothekerschrankschubkästen besteht und mit Bildern von aufgespießten blauen Schmetterlingen (Himmelsfalter/Morpho peleides) tapeziert sind. Die Edelkurtisane Giulietta treffen wir auf dem Markusplatz, samt Tauben, die vom Chor der Hamburgischen Staatsoper wunderbar dargestellt werden. Dieses Bühnenbild erhielt in der Premierenserie regelmäßig kurzen Szenenapplaus, was sicherlich auch auf den überdimensionalen Spiegel im Hintergrund zurückzuführen ist.

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Was die Leistungen im Graben und auf der Bühne angeht laufe ich zwar immer noch Gefahr, Worte zu benutzen, die ich bei anderen als unnötigen Verriss bezeichnen würde, aber wirklich begeistern konnte mich an diesem Abend allein Joshua Bloom in den Rollen der vier Antagonisten Hoffmanns (Lindorf / Coppélius / Dr. Miracle / Dapertutto). Sein Lindorf strotzt vor arroganter Überlegenheit, sein Coppelius verdient mit Fug und Recht das Prädikat „verrückt“, sein Dr. Miracle ist wunderbar furchteinflößend und wie sein Dapertutto ebenso herrlich verschlagen. Er gehört zu den Sänger*innen deren ersten Töne mir ein leises „Wow“ entlocken. Dieser Eindruck eines wohlklingenden wandlungsfähigen Basses, blieb die gesamte Vorstellung über und die Freude an seiner Kunst der Modulation um Emotionen zu verstärken ebenfalls.
Leonardo Caimi, der die Titelrolle sang, anstatt des ursprünglichen vorgesehenen Young Woo Kim, gab sein Hausdebüt (14.2.). Wahrscheinlich waren meine Erwartungen zu hoch, aber besonders stimmlich vermochte er mich nicht wirklich überzeugen. Sein Timbre ist mir ein wenig zu dunkel gefärbt, seine Höhen zu wenig strahlend und leichtgängig. Darstellerisch jedoch ließ er das Publikum mühelos mitlachen, -leiden und
-lieben

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Angela Brower sang und spielte Muse/Nicklausse mit Verve, Freude und mit in allen Lagen sicher geführtem Mezzosopran. Von den Herren, die die vielen unterstützenden Rollen interpretierten, möchte ich Andrew Dickinson in den vier Diener-/Lakaienrollen hervorheben, der aus jedem seiner Auftritte kleine Kabinettstücke machte, und den jungen koreanischen Tenor Seungwoo Simon Yang als Nathanaël, der endgültig bewies, dass er längst für Hauptrollen bereit ist.
Bisher wurden die vier Damenpartien in dieser Produktion stets von einer Sängerin (Olga Peretyatko/Pretty Yende) gesungen. In dieser Serie teilen sich Caroline Wettergreen (Olympia), Amina Edris (Antonia, Stella) und Alessandra Di Giorgio (Giulietta) diese Partien. Darstellerisch fühlten sich alle drei in ihre jeweiligen Figuren ein, stimmlich konnte mich an diesem Abend keine von ihnen wirklich erreichen, ohne dass ich dafür eine Begründung nennen könnte.

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Fazit: Irgendwie nagte irgendwo ein kleiner, böser Wurm an dieser Vorstellung oder an meiner Freude daran. Denn auch am Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, unter der Leitung von GMD Kent Nagano, fand ich kein reines Gefallen, aufgrund einiger weniger Unstimmigkeiten zwischen Bühne und Graben. Dennoch freute auch ich mich über den Jubel des Publikums und bin überzeugt, auch meine Zeit der Begeisterung kommt wieder! Denn es warten unter anderem noch die Italienischen Opernwochen mit einem wahrhaft spannendem Programm und ebensolchen Künstler*innen.
Birgit Kleinfeld (Vorstellungsbesuch 19. 2.2025)
https://www.staatsoper-hamburg.de/de/italienische_opernwochen_2025.php
https://www.carolinewettergreen.com/