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Bei dieser „Müllerin“ gibt es keine Zugaben, kann es keine geben: intensiv, dunkel und tieftraurig, eine Bass-Müllerin, für die es keinen Vergleich gibt. Alleine der Bass gibt dem Zyklus eine noch dunklere und melancholischere, traurigere Färbung. Man könnte fast meinen, eine Tenor-Müllerin sei ein gänzlich anderes Werk, mit einem gänzlich anderen Ende.
Günther Groissböck hat beim Bösendorfer-Festival in Wiener Neustadt zum ersten Mal Franz Schuberts „Die schöne Müllerin“ gesungen, am Klavier begleitet von Florian Krumpöck. Hier, im Kasematten-Komplex, noch mit Noten für Groissböck (ein Notenständer befindet sich vor dem Sänger), im „Juli dann am Semmering ohne Noten“, wie Pianist und Intendant Krumpöck vor dem Liederabend ankündigte. Das genaue Datum der Aufführung der „Schönen Müllerin“ beim Kultursommer Semmering wird Mitte Januar bekannt gegeben. Groissböcks dunkle „Müllerin“ ist textverständlich – man versteht jedes Wort und selbst die stimmliche Entfernung von einer Bariton-Müllerin ist noch immens.
Die Begeisterung im Saal ist groß, so groß, dass es nach dem Lied „Mein!“ Zwischenapplaus – wie in Italien – gibt; das ist in Österreich jedoch völlig unüblich. Groissböck freut sich sichtlich über den nicht erwarteten Applaus an dieser Stelle: „Die geliebte Müllerin ist mein!“. Am Ende aber gibt es die paar Sekunden Stille, die notwendig sind, bevor der finale Jubel des Publikums beginnt. Der Nachhall dieser „Müllerin“ ist gewaltig.
Josef Fromholzer, Vorstellungsbesuch 10.12. 24