Ihr gemeinsames Konzert „Träumereien“ im ausverkauften Kleinen Saal der Elbphilharmonie Hamburg am 24.09.2023 war ein großer, nein -operngestalten berichtete –ein umwerfender Erfolg: die usbekische Sopranistin Barno Ismatullaeva, Mitglied des Ensembles der Staatsoper Hannover und gefeierte Madama Butterfly der diesjährigen Festspiele Bregenz, und der aus Weißrussland stammende Hamburger Komponist Leon Gurvitch bewiesen, welch gutes Team sie sind. Und das nach nur gut zwei Tagen gemeinsamer Proben. Denn eigentlich war der Abend mit Opernstar Olga Peretyatko geplant, die krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste.

Alle Fotorechte Jerzy Pruski
Operngestalten, verantwortlich für einige „Vorab-Teaser“ in Form von kleinen Interviews, freut sich, dass beide Künstler sich bereit erklärt haben, getrennt voneinander jeweils ein kurzes Statement zu diesem wunderbaren Abend abzugeben.
Leon Gurvitch: Barnos Zusage war ein großes Glück
Durch unsere Konzert-Teaser wusste ich, dieser Abend war sein Herzensprojekt, an dem er sehr intensiv mit Olga Peretyatko gearbeitet hat, darum möchte ich wissen, was es mit ihm machte, als sie so unerwartet drei Tage zuvor Corona-bedingt absagen musste.
„Es war schon ein Schock für mich“, gibt der sympathische Musiker zu, „aber ich kannte Barno Ismatullaeva von den Bregenzer Festspielen. Ich habe sie sofort kontaktiert und das Glück gehabt, dass sie Zeit hatte. Wir haben erst bei ihr in Hannover, dann bei mir zu Hause geprobt. Sie hat meine Heine- und auch die Akhmatova -Lieder in kürzester Zeit meisterhaft verinnerlicht und mit viel Leidenschaft auf die Bühne gebracht.
So wurde mit ihrer Hilfe aus einem Herzensprojekt ein Erfolg für Publikum, Presse – und natürlich uns selbst.

Photo Credits: Ariane Rosenberg
Barno Ismatullaeva: Leons Musik – zum „Ja“-sagen schön.
„Wissen Sie“, so die sympathische Sopranistin auf meine Frage, wie sie sich fühlte als sie gebeten wurde, Olga Peretyatko in diesem Konzert zu ersetzen, „schon bevor ich überhaupt angefangen habe zu singen, war sie bereits ein Star. Jetzt in der Elbphilharmonie für ausgerechnet sie einzuspringen, zeigt wie voller Überraschungen unser Beruf ist.
Ich hake nach: „Aber doch auch viele Herausforderungen, oder? Immerhin warteten zwölf Ihnen völlig unbekannte Lieder darauf, in nur zwei Tagen gelernt und aufgeführt zu werden.“
„Ja, das war eine große Herausforderung, aber sobald ich die Noten von Leon bekommen habe, und diese wunderschöne Musik entdeckt habe, habe ich sofort ja gesagt. Danach habe ich sofort angefangen, sie zu Hause zu lernen und am nächsten zwei Tage, ganz intensiv, mit Leon erstmal in Hannover und dann in Hamburg zusammen musiziert. Das Ergebnis haben Sie ja erlebt.“ gibt Barno Ismatullaeva zu.

Photo Credit Sandra Then
„Wir schwammen musikalisch gleich auf einer Wellenlänge….“
Und das war wirklich noch begeisternder, als ich erwartet habe“, leite ich meine Frage nach der Zusammenarbeit und danach, ob es, bei einer so kurzem Probenzeit, Hilfsmittel oder gar „Tricks“ zur Verringerung des Zeitdrucks gibt.
„Nein, es gab keine Tricks, ich glaube, wir waren einfach musikalisch auf einer Wellenlänge. Nachdem ich Leons musikalischen Ideen verstanden habe, hat unsere Arbeit sich einfach entfaltet.“
Leon Gurvitch sieht es ähnlich: „Nein, es gab keine Tricks oder Hilfsmittel, wir haben einfach hoch konzentriert gearbeitet und uns gegenseitig unterstützt. Ich übernahm dabei natürlich die Doppelrolle Komponist/begleitender Pianist. Ich kenne meine Stücke ja in- und auswendig, konnte ihr aus erster Hand meine Visionen vermitteln, die sie bereitwillig aufgenommen und mit ihrer wunderbaren Stimme dem Publikum nahe gebracht hat.„

Alle Fotorechte: Jerzy Pruski
Obwohl ich beide nicht sehe, bin ich sicher, dass sie bei ihren Antworten lächeln und stelle, die ohne Zweifel rhetorische, Frage: Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis, der Resonanz? Und wird es, hier hoffe ich auf ein „Ja“, eine weitere Zusammenarbeit geben?
„Schauen Sie, wenn man lange Standing Ovations bekommt für Stücke, die ganz neu sind, was braucht man dann mehr? Natürlich sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ich würde sehr gerne erneut mit Leon zusammenarbeiten, aber da müssen wir uns noch absprechen
Auch bei dieser Antwort sehe ich ihr Lächeln vor mir, denn eine Sängerin, die auf der Bühne so emotional ist wie Barno Ismatullaeva, die kann ich mir halt auch in einem „trockenen“ Interview nicht anders als lebendig vorstellen.

Alle Fotorechte: Dmitrii Lukinykh
Und wie sieht es der Komponist? „Natürlich bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis und ich freue mich, wenn Barno und ich erneut zusammenarbeiten könnten. Es ist sehr schade, dass Olga Peretyatko, die ihr gewidmeten Akhmatova -Lieder nicht selbst singen konnte. Aber so ist das Leben, das mir im Gegenzug die Möglichkeit gab, eine so talentierte Sängerin wie Barno Ismatullaeva kennenzulernen.
Ich bin wirklich sehr glücklich, dass das Publikum so enthusiastisch reagiert hat und auch die Leute, die mich unterstützt haben und die ich nach dem Konzert traf, waren sehr glücklich. Dass ich, wie in der Presse stand, vielleicht sogar eine Oper schreiben könnte, steht zwar noch in den Sternen, doch ein solcher Erfolg wie in der ausverkauften Elbphilharmonie gibt natürlich viel Kraft und Energie. Mein momentan größtes Projekt ist die Orchestrierung meiner Heine-Lieder für Sinfonieorchester. Die Uraufführung wird am 22. und 23. Februar am Theater Magdeburg stattfinden, unter der Leitung von Generalmusikdirektorin Anna Skryleva, gesungen von Jadwiga Postrożna.
Sie sehen, die Heine-Lieder bekommen ein neues Leben und wenn ich nach Erfüllung eines Herzenswunsches am 24.09. einen neuen äußern darf, so hoffe ich, dass bald auch ein Hamburger Orchester die Heine-Lieder aufführen wird. Denn Hamburg und Heine gehören zusammen.“
Der Meinung bin ich auch und schließe mit der Meinung, dass auch die Hamburger Musikszene und Leon Gurvitch immer mehr zusammen gehören. Und Barno Ismatullaeva wird hoffentlich auch noch sehr oft in Elbphilharmonie oder Staatsoper Hamburg zu hören sein.
Birgit Kleinfeld, Oktober 2023
Links
https://leon-gurvitch.com/
https://staatstheater-hannover.de/de_DE/ensemble-staatsoper/barno-ismatullaeva.169143