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Nomen ist nicht immer Omen, oft reicht er nicht allein, da hinter kann noch viel mehr „wohnen“! Kommt! Schaut doch einfach rein!

St. Pauli Theater: Grahame lebt Elvis und reißt alle mit!

„Es gibt nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte. (…)“. So beginnt ein Zitat, das Louis Amstrong zugeschrieben wird. Wann immer sich die etwas überheblich arrogante Stimme der Opernliebhaberin, die ich bin, sich aus den Tiefen meines Egos meldet weil ich neugierig auf anderes bin, rufe ich mir diesen Spruch in den Sinn. Denn „Satchmo“ bezieht sich damit nicht auf die unterschiedlichen Genres, wie zum Beispielernste und Unterhaltungsmusik„, sondern auf die Kunst der Musiker, denn es geht weiter: “ Es kommt nicht darauf an, was du spielst sondern wie du spielst.“ Und Elvis – Das Musical, das heute auf der Bühne des St Pauli Theaters gespielt wurde, bot in diesem Sinne wirklich gute Musik. Und vor allem gute Laune.

Grahame Patrick Doyle (Elvis) Fotorechte: Estrel

Seit dem 13.6. steht Elvis-Imitator Grahame Patrick Doyle als Elvis in Elvis – Das Musical auf der Bühne, sechs Tage die Woche noch bis zum 30.7. Doch nicht eine Minute macht er den Eindruck eines Routiniers – im Gegenteil, in den Szenen, in denen das Leben des King skizziert wird, lässt er das Publikum den Elvis spüren, der ein guter Christ sein wollte, Dr. Martin Luther King verehrte und, besonders in den letzten Jahren, sehr an sich zweifelte. Und der, der dem geld- und machtgierigen „Colonel“ Parker zum Opfer fiel, hier wunderbar widerlich von Daniel Neumann gespielt, und Elvis im wahren Leben unter anderem die Rolle des Tony in Leonard Bernsteins Musical West Side Story vermasselte.

Begleitet von einem siebenköpfigen Orchester mit von Show zu Show wechselnden Musikern und dem weltbekannten „Stamps Quartett“ aus Nashville, schmettert oder haucht der irische Kanadier Doyle 28 Songs des Kings. Manchmal dröhnen die Bässe etwas zu laut aus den Boxen und manchmal fragte ich mich, ob einiges nicht doch aus der „Konserve“ kommt. Was aber auch daran liegt, dass ich mich frage, wie jemand diese stimmliche Belastung, singt er nur live, sechs Tage hintereinander durchhalten kann. Aber ach, eigentlich ist es egal ob mein Eindruck richtig ist, denn Spaß hat es auf jeden Fall gemacht.

Die Zugaben finden dann ohne Saallicht, dafür aber mit vielen, fast wie Sterne anmutenden, Handytaschenlampen statt und natürlich begleitet das Publikum das besonders unabdingbare „Muss i denn“ mit fast ebenso viel Gefühl in den Stimmen wie Doyle, der es a cappella singt.

Nur zwei Dinge sind noch rührender in diesem Stück, das ansonsten so gut wie jeden mitreißt und zum Mitklatschen einlädt: Die (stummen) Konzertmitschnitte des echten King, die ,wie auch Bilder und kurze Videos aus seinem Leben, gezeigt wurden und der Leadsänger des „Stamps Quartetts „, Enoch, schon Mitglied des originalen Stamp Quartetts, das damals -natürlich- neben ihm noch nicht aus David Mann, Casey Shepherd und James Worthing bestand, stand mehr als 1000 Mal mit Elvis auf der Bühne (1971-1977) . Hier in Hamburg ist auch der 81jährige sechs Tage die Woche, an den Samstagen sogar 2x, neben seinen Bandkollegen und Doyle auf der Bühne zu erleben. Neben Grahame Patrick Doyle ist Enoch, wenn auch nur selten im Vordergrund singend, der absolute Star des Abends.

Grahame Patrick Doyle (Elvis) Fotorechte: Estrel

Nicht nur wegen seines Bezugs zu Elvis Presley, sondern -was der im respektvollsten (!!!!) Sinne von mir hier „Alte Knacker“ genannte- gesanglich noch zu bieten hat, ist einfach: „wooow!“ Ja, ich hätte ihn auch als alten Herren bezeichnen können, aber gehen Sie hin, sehen und hören Sie hin …. Er ist so agil, authentisch und in der Ausstrahlung jung geblieben, dass höchstens Grauer Panther oder Silberrücken passende Synonyme wären.

Fazit: Durch einen mit Herzblut agierenden, tanzenden und singenden Titelhelden, sehr interessante, spielerisch dargebotene Informationen und ein Bühnenbild, das so gut wie nur aus einer Videowand und einer angedeuteten Showtreppe besteht, bringt dieser Abend uns den King zwar nicht zurück, aber doch näher, macht (mich) neugierig, mehr vom Original zu hören und noch mehr über ihn zu erfahren.
Außerdem möchte man, wie es unübersehbar einige Zuschauer*innen taten, Doyles Aufforderung folgen. Rief er doch: „Tschüss! Bis morgen/bald!“ .

Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 14.7.2023

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