Es ist ja nicht so, dass ich es nicht liebe, Rezensionen zu schreiben oder Interviews zu führen, aber wie ich ja immer wieder gerne betone, bin ich Geschichtenerzählerin. Okay, das hier ist alt, aber als ich neulich zwei Schreibvorgaben auf der Facebook-Seite von Amazon Kindle Direct Publishing erfüllte, merkte ich, wie sehr mir das Geschichtenerzählen fehlt, das Eintauchen in eine „selbst erfundene“ Welt. Das muss sich ändern, finde ich!
Aber heute erst einmal alte Drabbles. Was ein Drabble ist? Ein Text der ohne Überschrift aus exakt 100 Worten besteht und bestenfalls mit einer Pointe endet.
Mondsüchtig
1. Liebesnacht
Vollmond. Die Zeit wenn Luna, die bleiche Schöne, des Nachts Burg und Wald in schummriges Licht taucht, aus Schatten Tänzer macht zu Windes Musik. Er selbst verharrt reglos. Ein Lied schleicht sich auf seine Lippen, flehend und sehnsuchtsvoll. Auch auf der Burg wird gesungen. Fröhlich lärmend. Als es in der Nähe raschelt, kann er nicht anders, folgt dem Geräusch.
„Dich krieg ich! Und verspeise dich mit meiner Liebsten!“
Im selben Moment hört er sie. Lied wird zu Duett.
Dann steht sie vor ihm, bleich wie Luna. Nach kurzem Gerangel sind sie eins. Der schwarze Wolf und die weiße Wölfin. Vollmondnacht. Liebesnacht.
2. Das Geschenk
„Zeig mir den Mond!“ Leon tat wie ihm geheißen.
„Er ist so schön heute, sieh nur die Wolken, die ihn verschleiern statt ihn zu verhüllen.“ Sie wirkte begierig. Leon ahnte, was nun kommen würde.
„Schenk mir den Mond!“
„Er ist zu weit fort!“‘
„Dann geh näher!“
„Denkst du, ich kann fliegen?“ Natürlich ging der Scherz an ihr vorbei.
„Du nicht. Nicht allein. Aber wir zusammen,“ trotzte sie.
Sie gingen weiter bis zur Brücke über den Fleet. Leon ließ sie direkt ins Wasser auf das Spiegelbild des Mondes blicken.
Leon zoomte, drückte ab. “Haben ihn!“
Glücklich schaltete er die Kamera aus.
3.Nachtdienst
Es ging über Lisa Verständnis hinaus, dass die Literatur Vollmondnächte ständig verklärte. Sie klappte den Fantasyroman zu.
„Kitsch, unerträglicher Kitsch.“
Für sie hieß Vollmond Schlaflosigkeit. Sie genoss den heutigen Nachtdienst.
Zeit für einen Rundgang. Sie tastete nach dem Messer in ihrer Kitteltasche, lachte so gehässig, dass es selbst in ihren Ohren psychopathisch klang und verließ das Schwesternzimmer.
Die Geschlossene war der richtige Ort für sie. Hier konnte sie ihre Gott gestellte Aufgabe erfüllen. Die Hand auf dem Messer beugte sie sich über den Schlafenden.
Am nächsten Morgen waren Lisa und drei weitere Insassen tot. Er aber, samt Lisas Messer verschwunden
44. Kindermund
„Komm.“ Zila, meine Jüngste, schwirrte regelrecht um mich herum. „Ich habe den Mond gefunden!“
Ich gähnte, reckte mich, öffnete die Augen und schloss sie sofort wieder.
„Ich sehe nichts.“
„Hahaha! Dazu musst du ja auch endlich mitkommen!“ Das kleine Biest ließ mich einfach nicht in Ruhe.
„ Es ist auch gar nicht weit!“
„Kleines“, ich bemühte mich um Zärtlichkeit in der Stimme. „Du gibst keine Ruhe oder?“
„Nö“, sie kicherte. Bereits siegessicher.
Und tatsächlich löste ich meine Krallen vom knarrenden Gebälk des Kirchengewölbes, flog meinem Quälgeist hinter her, um sie den Unterschied zwischen dem Mond und einer Mönchsglatze zu lehren.
BirgitKleinfeld270518