Opern- und Leben(s)gestalten

Nomen ist nicht immer Omen, oft reicht er nicht allein, da hinter kann noch viel mehr „wohnen“! Kommt! Schaut doch einfach rein!

Seda Amir-Karayan/ Götz Payer: Wehmut, die das Herz erwärmt.

Bei ihrem Live-Konzert im Kleinen Saal der Elbphilharmonie Hamburg begeisterte die armenische Altistin Seda Amir-Karayan, begleitet von Prof. Götz Payer, die sich durch ihren Vortrag und ihre ausdrucksstarke Stimme mit viel Lebendigkeit, Wärme und Gefühl auszeichnet.
Bereits 2020 erschien die gemeinsame CD Wehmut, die, wie auch das Konzert, unter anderem Lieder von Robert Schumann und Vandapet Komitas enthält. Auch in der Atmosphäre eines Studios gelingt es Amir-Karayan und Payer mit viel authentischer Intensität zu berühren.

Es beginnt mit Erinnerung

Bereits mit Gustav Mahlers Lied Erinnerung beweist Seda Amir-Karayan ihre Fähigkeit der Stimmmodulation, indem sie uns nicht nur jedes Wort, sondern mit Hilfe ihres Gesanges auch die Gefühle hinter dem Text verstehen lässt.
Es folgen sieben Lieder des armenischen Komponisten Vandapet Komitas (1869- 1935), der als Gründer der modernen, klassischen, armenischen Musik gilt. Er studierte unter anderem in Berlin, verhehlt in seinen Kompositionen aber nie, dass er seine Inspiration aus armenischen Volksliedern und Kirchenmusik gewinnt. Amir-Karayan nutzt in seinen Liedern die Möglichkeit, ihre Heimatverbundenheit hörbar zu machen, wie auch die immense Breite der Palette ihrer Stimmfarben zur Geltung zu bringen.

Hier, aber auch bei Robert Schumanns elf Liedern zu Gedichten von Josef von Eichendorff ,wird neben Amir Karayans wandelbarer Ausdrucksstärke auch ihre brillante Technik hörbar. Lagen- wie Lautstärkewechsel beherrscht sie ebenso mühelos, wie wunderbare Legatobögen: Symbiose zwischen Musik, Text und Gesang.

… und endet mit dem Verschwinden von dieser Welt

Doch niemals verliert sie dabei die Emotionen, die neben Kunstfertigkeit ja ein Zeichen der Lieder der Romantik sind.
Auch ist die Reihenfolge der Lieder sehr geschickt gewählt, denn den Abschluss machen weitere sieben Lieder von Komitas. Sie entführen uns zurück in die geheimnisvolle (Klang)Welt Armeniens. Sind es im ersten Komitas Zyklus besonders Liebes Reh und Der Berg Alagias, die mich am meisten faszinieren, sind es hier Der Weihrauchbaum und Wiegenlied.

Die Melancholie in Seda Amir-Karayans Stimme, unterstützt von Prof. Götz Payers einfühlsamer Begleitung, findet ihren Höhepunkt im letzten Lied. Der Kreis schließt sich, denn es ist Gustav Mahlers: Ich bin der Welt abhanden gekommen. Und zumindest hier und da, komm auch der Hörer auf angenehme Art der Realität abhanden.

Fazit: Kurz und knapp: äußerst hörenswert.

Birgit Kleinfeld, 6.4. 2023

Link:
https://sedaamirkarayan.de/


Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2023 Opern- und Leben(s)gestalten

Thema von Anders Norén