Opern- und Leben(s)gestalten

Nomen ist nicht immer Omen, oft reicht er nicht allein, da hinter kann noch viel mehr „wohnen“! Kommt! Schaut doch einfach rein!

opera stabile – After work: Aus der Asche eurer Schmerzen

Die Besuche knapp einstündiger Konzerte, die in unregelmäßigen Abständen Freitags um 18:00 Uhr in der opera stabile stattfinden, sind schon längst zu einer lieb gewonnenen Gewohnheit für mich geworden. Das liegt an der Intimität des Spielortes ebenso wie an der Besonderheit der Programme: Sänger*innen oder Musiker*innen haben die Möglichkeit ganz persönliche Projekte zu realisieren und einem zugegebenermaßen recht kleinen aber aufrichtig interessierten Publikum zu präsentieren.

In der vergangenen Spielzeit schickten uns die österreichische  Mezzosopranistin Ida Aldrian und die Pianistin Camille Lemonnier  mit ihrem Programm Natürlich schön ins Wochenende, mit viel sichtbarer Freude am Musizieren und ebenso viel Charme und Empathie für alles, was mit Natur zu tun hat. Irgendwie im Sinne von Friday for future durch Musik.

Jetzt am 28.10. widmeten sich die beiden jungen Künstlerinnen mit der Unterstützung des Philosophen und Cellisten Benjamin Sprick einem weiteren Thema, das in der heutigen Zeit -wieder einmal- unser Denken bestimmt: Krieg und unsere Ängste in Bezug auf seine möglichen Konsequenzen für die Zukunft

Benjamin Sprick, der an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Violoncello und politische Ästhetik unterrichtet, ließ uns teilhaben an seinen Gedanken, seine Interpretation zum Beispiel zu Gustav Mahlers Liedern Zu Straßburg auf der Schanz und Aus! Aus! So verglich er die Gefühle und die Flucht des Protagonisten aus dem ersten Lied mit den Handlungen und Ängsten vieler junger Männer im momentanen Ukraine/Russland Krieg, die sich nicht mehr in der Lage sehen für ihr Land zu kämpfen. Und er stellte bei Aus! Aus! die berechtigte Frage, was denn zuerst beendet sein wird: Die Liebe zwischen ihm und seinem Mädchen oder seine Begeisterung für den Krieg.
Auch seine kurze Einführung zu dem Liederzyklus Über der Asche zu singen des Komponisten Iván Eröd war dazu angetan, genauer hin zu hören und zu fühlen und sich auch nach diesem inspirierenden Konzert mit der Musik Eröds oder auch dem Thema Krieg und Frieden in Kunstliedern zu beschäftigen.

Camille Lemonnier, Ida Aldrian
Foto: Alexander-R. Kleinfeld

Ida Aldrian und Camille Lemonnier bewiesen auch dieses Mal mehr den großen Wert ihrer harmonischen Zusammenarbeit und auch ihre Interpretationen begeisterten nicht nur für den Moment, sondern hinterließen eine Art Welch schönes Lied! Das möchte ich noch ein Mal hören! oder/ und den Wunsch, ja den leichten Drang den Bedeutungen, besonders der Texte in den Eröd Lieder, ein wenig auf den Grund zu gehen.
Das liegt sowohl an der Aktualität der Thematik -leider- wie eben auch an der lebensnah authentischen Interpretation von Aldrian/ Lemonnier.
Aldrian, einfühlsam von Lemonnier begleitet, gelingt es eben immer aufs Neue mit ihrer schönen Stimme, deren großem Umfang und Ausdrucksfähigkeit zu beeindrucken. Sei es, dass sie tief berührt oder bei Aus! Aus! über die Begeisterung des jungen Soldaten schmunzeln lässt. Wenn auch nicht ohne einen bitteren gedanklichen Nachgeschmack über die naive Euphorie eines Soldaten, der sich -noch- auch auf das Töten freut…

Wir jedoch sollten uns stets vorbehaltlos freuen über junge Künstler, die ihre Kunst, an welchem Ort auch immer, benutzen, um uns an Hand von schöner Musik an dem teilhaben zu lassen, was sie bewegt. Denn das spricht auch jene an, die wie meine Begleiter/Kinder, sonst eine andere Musikrichtung bevorzugen, aber für alles was berührt, offen sind.
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 28.10.2022

Links:
https://www.staatsoper-hamburg.de/
https://www.idaaldrian.at/
https://www.camillelemonnier.org/
https://benjaminsprick.de/

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