Lorenzo Romanos Kammeroper La Luna ist eines jener Stücke, die adäquat zu beschreiben nicht wirklich möglich scheint. Man muss sich einfach darauf einlassen, es selbst erleben. Eine Ausrede von jemandem, der nicht weiß, was er schreiben soll und Unwissen verbergen will? Vielleicht … Aber der Besuch der Uraufführung von La Luna in der opera stabile in der Inszenierung von Ron Zimmering bietet so viel mehr als neue Musik oder eine gradlinige Geschichte. Die gesamten 90 Minuten Spielzeit, und sogar einige davor, sind angefüllt mit originellen Ideen und Klängen und stimmschöner Spielfreude aller jungen Sänger. Genaue Beschreibungen der eigenen Eindrücke nimmt die halbe Freude. Davon bin ich überzeugt.

Andererseits, so ganz wortlos will und kann ich mich nicht aus der Affäre ziehen. Während des Schreibens habe ich wieder den verführerischen Duft des Pfannkuchens in der Nase, den Schauspielerin und, ich sage mal, Moderatorin des Abends Johanna Link zu Beginn der Vorstellung buk. Leider nicht um ihn zu verteilen, sondern um ihn zum Logo und auch seine Entstehungsgeschichte zu einem der Hauptdarsteller des weiteren Films des Anfangs: Genesis zu machen.
Die weiteren Teile des Abends heißen Mondsucht, Fantastische Tripps, Man on the Moon und Planet B. Es geht um die Entstehung des Alls/Mondes, die Faszination, mit der wir den Mond betrachten, um Wehrwölfe, Dreiecksbeziehungen, im All verlorene Äxte, die Fiktion der ersten Mondlandung, dem Mond als neuer Wohnort und vieles mehr. Nicht jede Idee bleibt wirklich hängen, oder besser, vieles bahnt sich nach und nach als ein „Ach, da war doch noch was“-Gedanke den Weg zurück ins Bewusstsein. Mir gefällt so etwas ja immer sehr.

Als Bühnenbild (Ute Radler) ergänzen sich Videoübertragungen (Jonas Link) und von den Protagonisten aufgebaute Mondlandschaften. Zu Anfang dienen zarte, weiße Schleier als Kostüme (Benjamin Burgunder), die für eine luftig-leichte ätherische Atmosphäre sorgen. Danach ist der Stil weitgehend dem Steam Punk oder auch den späten 60ern angepasst-
Auch die Musik ist durchaus ansprechend, auf innovative Art bildhaft und der hörbar anspruchsvolle Gesang ist durchaus harmoniegeprägt. Es mischen sich sphärisch anmutende Klänge (Klangregler Davide Gagliardi ) mit von Rupert Burleigh dirigierter Bühnenmusik. Dabei lässt der Komponist die Musiker ihre Instrumente auf ungewöhnliche Art und Weise benutzen. So entstehen Melodien, die, da nicht die Tasten angeschlagen sondern die Saiten gezupft werden, einen Flügel wie ein Streichinstrument klingen lassen.
Das Herzstück der Musik ist für mich die Arie Luna inconstante, die mich schon beim Hören der CD O Luna mia von Sopranistin Pia Davila faszinierte.
Auch live geht dieses Stück, geht Davilas Stimme unter die Haut, da sie ihre Stimme mit an Reinheit grenzender Klarheit führt und jede schwierige Tonfolge mühelos meistert. Dabei beindruckt sie auch mit anmutiger wie subtil komischer Schauspielkunst.
Aber auch ihre Kollegen, anders als Davila alle Mitglieder des Internationalen Opernstudios, stehen ihr in ihren Leistungen nicht nach. In dem kleinen Raum der opera stabile, entsteht nicht nur diese von mir oft gepriesene Nahbarkeit, sondern die Möglichkeit zu einer genauen Beobachtung und Beurteilung der Leistungen der Sänger wird um ein Vielfaches intensiver. Der Spaß, den die vielseitige Kady Evanyshyn (Mezzo), der, als Sektenführer in strahlendem Weiß, imposante Collin André Schöning (Tenor), der, besonders als Werwolf, beeindruckende Nicholas Mogg (Bariton) oder auch Seungwoo Simon Yang (Tenor) und Han Kim (Bass). als, um Frieda (Pia Davila) buhlende Freunde .haben, ist unübersehbar. Die Schwierigkeiten der Partitur jedoch bleiben hinter Professionalität und Können verborgen.

Viel Spaß hatten auch Regieassistentin Milena Galvan, die kurzfristig für den positiv auf Corona getesteten David Minseok Kang (Bass), einsprang und der Hubert Kowalcyk die Stimme lieh. Sie verdient ein besonderes und gesondertes Brava! Aber auch Johanna Link zeigte, dass sie nicht nur als „Mondbäckerin“, sondern in den unterschiedlichsten Partien eine gute, stets präsente, informativ unterhaltende Figur macht.
Fazit: Eine gelungene Oper, eine gelungene Aufführung, ein schöner Saison- und Opernstudio-Jahresabschluss! Jubel verdient und gern, wie auch anhaltend, gegeben!
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch 24.6.22
Links:
https://www.staatsoper-hamburg.de/
https://www.lorenzoromano.com/
https://www.piadavila.com/