Bühne frei! Ist das alljährliche Ensemble-Konzert der Staatsoper Hamburg und eine wunderbare Möglichkeit, neue wie auch alteingesessene Ensemblemitglieder von einer anderen Seite kennenzulernen. Die diesjährigen Teilnehmer waren Katharina Konradi, Jana Kurucová, Tahnee Niboro, Katja Pieweck, Ks. Gabriele Rossmanith, Ks. Renate Spingler, Ks. Jürgen Sacher, Alexander Roslavets, Martin Summer, Maria Rallo Muguruza (Bratsche), Chao Deng, Ks. Peter Galliard, Bernhard Hansky, Hubert Kowalczyk und Oleksiy Palchykov sowie Marie-Dominique Ryckmanns, die für die erkrankte Narea Son einsprang. Der Abend hat neben der Unterhaltung auch einen karitativen Aspekt, denn der Erlös geht stets an die Deutsche Muskelschwundhilfe e.V., deren Vorstandsvorsitzender Dirk Rosenkranz (ausgezeichnet mit dem Bergedorfer Bürgerpreis 2021) zu Beginn des Abends die wichtige Arbeit vorstellte.
Die Planung des Programms, die Klavierbegleitung und ein Teil der Moderation lag in den Händen von Studienleiter Rupert Burleigh. Mit viel Fingerspitzengefühl und Können erfüllte er alle drei Aufgaben.

Das Programm beinhaltete Stücke in unterschiedlichen Sprachen aus den verschiedenstem Musikepochen, die sich mit den Themen Schnee, Winter, Weihnachten und Weihnachtsgeschichte besinnlich oder auch fröhlich beschäftigen. Seine Begleitung und auch sein Spiel, besonders die modern unkonventionelle Art, die George Crumbs Lied The Night in Silence under Many a Star erfordert, wirkten so einfühlsam und natürlich gewandt wie seine Moderation zu dem Inhalt einiger fremdsprachiger Lieder vor Charme und Humor sprühten. Ebenfalls eindrucksvoll, der von ihm dirigierte vierstimmige Kanon Celebrons sans cesse von Orlando di Lasso, gesungen von
Weniger humorvoll als sehr informativ war die Hauptmoderation durch Dramaturg Ralf Waldschmidt, er viel zu den Entstehungsgeschichten vieler Stücke zu berichten wusste. Sicher, aufgrund der momentanen anhaltenden gesundheitlichen Situation und ein wenig zu Lasten einer ruhig-besinnlichen Stimmung, saß er nicht den Beiträgen lauschend und mit den Interpreten plaudernd auf einem Sofa, sondern betrat nur zu seinen Anmoderationen die Bühne.
Doch jedem einzelnen Künstler gelang es, Weihnachtsstimmung, Besinnlichkeit und Frohsinn zu verbreiten oder auch zu überraschen. Letzteres bezieht sich bei den Damen nicht nur auf die Sopranistin Tahnee Niboro und ihrer Darbietung von jenem Stück von George Crumb, das eher die Saiten im Inneren des Flügels als die Tasten als Begleitung beanspruchte. Ihr besonderes Timbre verlieh dem Lied einen Hauch von Gospel und hatte auch etwas leicht Beschwörendes. In Peter Cornelius Lied Die Hirten hingegen ist ihr Sopran geprägt von Leichtigkeit und klarer Schönheit.

Ks. Renate Spingler erzählte wunderbar mit Jason Roberts Ballade Stars and the Moon die Geschichte einer Frau, die feststellt, dass ihre materiellen Wünsche sie daran hinderten zu bekommen, was wirklich wichtig ist. Sie spielt mit Tönen, Stimme und Mimik, so dass man sich wirklich mehr in dieser Art von ihr wünscht.
Ks. Gabriele Rossmanith, gehört ebenfalls in die Kategorie derer, denen es mühelos gelingt, mit Liedern eine Geschichte zu erzählen statt sie einfach zu singen. Ihr Sopran hat einen jugendlich leichten Klang und es fehlt ihr nicht an der Fähigkeit, Stimmung und auch Wesen der Nana aus Kurt Weils Nanas Lied dem Publikum nahezubringen. Wie schön wäre es doch, sie einmal ganz in einem Brechtstück zu erleben!
Katja Pieweck und Maria Rallo Muguruza (Bratsche) waren ein wunderbar harmonisches von Burleigh begleitetes Duo bei Johannes Brahms‘ Geistliches Wiegenlied (Zwei Gesänge Op. 91,II). Einem Stück das neben den gesungenen Passagen die bekannte Melodie Joseph, lieber Joseph mein, als Leitthema für die von Muguruza mit viel Gefühl gespielte Bratsche zum Inhalt hat.

Katharina Konradi widmete sich ebenfalls der Christus in den Schlaf wiegenden Maria. Hugo Wolf nannte sein Wiegenlied Die ihr schwebet um diese Palmen (Spanisches Liederbuch II, Nr IV). Er bezieht sich dabei auf denselben Text von Emanuel Geibel wie Brahms. Doch die vermittelten Stimmungen sind völlig unterschiedlich. Katja Piewecks Maria wiegt das Kind sanft und zuversichtlich in den Schlaf.
Jene, der Katharina Konradi ihre Stimme leiht, fleht die Engel intensiver um Beistand für den geliebten Sohn an. Konradi ist mit einer Stimme beschenkt, die durch perfekte Technik, gepaart mit stets verständlicher Aussprache und hörbarer Emotion, einfach immer in den Bann zieht.
Auch in Marias Wiegenlied von Max Reger (op76, Nr.52)lauschen wirder Jungfrau Maria, doch ihr Lied spricht von Sommer und Rosen. Und Mezzosopranistin Jana Kurucováversprüht Wärme und Sicherheit in allen Tonlagen.
Marie-Dominique Ryckmanns schließlich, Mitglied des Internationalen Opernstudios, verlieh Franz Schuberts Ave Maria glockenhelle Innigkeit und erwies sich als würdiger Ersatz, für die von mir auf der Besetzungsliste vermisste, erkrankte Narea Son, die sich hoffentlich für Ihren Einsatz als Adele (ebenfalls Strauss Die Fledermaus)erholen wird.
Auch die Herren hatten wirklich interessante und klangschön stimmungsvolle Werke ausgewählt. So eröffnete der junge Bass Hubert Kowalczyk den Abend mit einschmeichelnder Stimme mit Christbaum von Peter Cornelius,
Martin Summer, ebenfalls Bass, sang aus Hugo Wolfs Spanischem Liederbuch III Nun wandere Maria, wobei es ihm mit sicher geführter Stimme gelang, Marias Leid hörbar zu machen.

Wärmen unsere Herzen!
Schöne Stimmen auch!
Allen Schöne Weihnachten:
Liebe. Musik. Gesundheit.
Noch ausdrucksvoller, mit warmem, schön modelliertem Bariton und intensiver Mimik und Gestik, bot Bernhard Hansky ein weiteres Werk von Hugo Wolf dar: Die bewegende Ballade Der Feuerreiter.
Der Tenor Ks. Jürgen Sacher überzeugte mit Benjamin Brittens Ballade The Chormasters Burial, der von einem gealterten Tenor erzählten Geschichte eines Chorleiters, dem der Vikar sein Lieblingslied auf der Beerdigung verweigerte, der dieses aber dann von Engeln gesungen bekam.
Oleksiy Palchykov, der ab Mittwoch als Alfred in der Neuproduktion von Johann Strauss` Die Fledermaus zusehen sein wird, faszinierte mit seiner exzellenten Interpretation von Sergei RachmaninowsStück Nr.11 aus 12 Romanzen op.14. Sein Tenor strahlte gerade zu vor Kraft und Palchykovbewies einmal mehr sein großes Potential.
Für zwei Schmankerl an diesem Abend sorgten der chinesische Bass Chao Deng und der schweizerische Tenor Ks. Peter Galliard.
Ersterer hatte sichtlich und hörbar Freude an seiner Darbietung der traditionellen chinesischen Weise Wading through snow looking for plum blossoms.
Galliard überraschte, amüsierte und bestach durch das mit federleichtem Tenor in Schweizerdeutsch gesungenem und gejodeltem Lied Am Himmel stoht es Sternli..
Alexander Roslavets‚ (Bass) Beitrag, der auf dem Programm mit Я мечтаю о беломрождествеgelistet war, gab bis zu den ersten Von Burleigh angeschlagenen Tönen ein Rätsel auf, obwohl Irwing Berlin als Komponist genannt war. Der Song erwies sich als I am dreaming of a white christmas und die Vielseitigkeit von Roslavets Sangeskunst zeigte sich durch seinen auch ohne Opernatitüde wunderschön vollklingenden Bass. So erfreuen auch die bekanntesten Weihnachtslieder immer wieder neu!
Der Abend endete damit, dass alle Beteiligten mit viel Spaß an der Freude und ihren schönen Stimmen Santa Claus is coming to town zum Besten gaben und so das begeisterte Publikum in den vierten Advent und die letzte Vorweihnachtswoche schickten. Auch von mir besinnlich fröhliche Weihnachten und auf einen weiteren unterhaltsamen Bühne frei! Abend im Jahr 2022!
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesuch: 28.12.2021