Bereits im März 2021 sollte das Ballett »Paquita« in der Choreografie von Ballettdirektor Gonzalo Galguera im Opernhaus zur Premiere gelangen. Der November-Lockdown machte jedoch fast alle tänzerischen Ambitionen zunichte. Überzeugt von diesem Handlungsballett, entschied sich Ballettdirektor Gonzalo Galguera, die Spielplanposition aufrecht zu erhalten, auch wenn dafür Veränderungen notwendig wurden. Eine davon ist die Tatsache, dass das Ballett nicht live mit Orchester, sondern als Tonbandballett nun am Sa. 2. 10. 2021, 19.30 Uhr im Opernhaus Premiere feiert.
Das Ballett »Paquita« entführt das Publikum nach Spanien um das Jahr 1810. Das Land ist von napoleonischen Truppen besetzt. Als Zeichen einer politischen Allianz soll sich Lucien, der Sohn des französischen Generals d’Hervilly, mit Doña Serafina, der Tochter des spanischen Provinzgouverneurs Don Lopez de Mendoza, vermählen. Doch Lucien verliebt sich in Paquita, die er auf einem Dorffest tanzen sieht. Und auch Don Lopez ist nicht wirklich am Zustandekommen dieser Verbindung interessiert. Vielmehr schmiedet er im Geheimen ein Mordkomplott gegen Lucien. Obwohl Paquita die Gefühle des jungen Offiziers erwidert, weist sie Lucien ab, denn als gesellschaftliche Außenseiterin erachtet sie sich des Adligen nicht würdig. Erst als es Paquita gelingt, den Mordversuch an Lucien zu vereiteln, und sich ihre wahre Herkunft als Nichte des Generals d’Hervilly enthüllt, steht einem gemeinsamen Glück nichts mehr im Weg.

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Mit »Paquita« bringt Ballettdirektor Gonzalo Galguera erneut einen französischen Klassiker des Ballettrepertoires in einer eigenen Choreografie auf die Bühne. Das Ballett – uraufgeführt 1846 in Paris – erhielt später eine neue Prägung durch Marius Petipa, der den Pantomime-Anteil zugunsten des Tanzes reduzierte und die Originalmusik von Édouard Deldevez u. a. durch Musik von Ludwig Minkus ergänzte. Mitreißende Charaktertänze, prunkvolle Ballszenen, Zigeunerromantik und ein Liebespaar, das nach vielen Handlungswirren schließlich im Grand Pas de deux zusammenfinden darf, machen »Paquita« zu einem Glanzstück des klassischen Balletts.
»Paquita« stammt aus der Hochzeit der französischen Ballett-Romantik und ist etwa 50 Jahre älter als die großen Klassiker von Tschaikowsky. Genau wie »Giselle« feierte das Werk in Paris große Erfolge, weshalb die aufstrebende Ballettstadt St. Petersburg sich »Paquita« bald an den Zarenhof holte. 1882 brachte Marius Petipa dann ebendort seine Neufassung heraus. Doch im 20. Jahrhundert geriet das Ballett zunehmend in Vergessenheit; von dem Ballett übrig blieb zumeist nur der abschließende Grand Pas übrig, den auch Gonzalo Galguera selbst getanzt hat. Dass das komplette Ballett »Paquita« im 20. Jahrhundert nur noch selten auf der Bühne zu sehen war, mag auch am Libretto von 1846 mit seinen lokalpolitischen Verwicklungen aus einem französisch-spanischen Krieg gelegen haben, die bereits wenige Jahre später kaum mehr verständlich waren.
Gonzalo Galguera fasziniert an »Paquita« gerade das Ausreizen der Möglichkeiten innerhalb der engen Strukturen des klassisch-akademischen Tanzes. Besonders die Hauptfigur mit ihrer Stärke und ihrem mutigen Verhalten reizt ihn: Paquita nimmt ihr eigenes Schicksal in die Hände, was choreografisch Gonzalo Galguera interessiert, da sie nicht nur Frau, sondern auch ein Mensch am Rande der Gesellschaft ist. Hier verschwimmen die facettenreiche weibliche Titelfigur und die tanzende Interpretin miteinander, die sich beide in der Gesellschaft erst ihren Platz erobern müssen. Aber auch bei den Nebenfiguren möchte Gonzalo Galguera die Motivationen einzelner Charaktere aufzeigen.
Das Ballett Magdeburg ist nach dem Bayerischen Staatsballett München erst die zweite Kompagnie, die »Paquita« in der musikalischen Rekonstruktion von Maria Babanina tanzt.
Dr. Christine Villinger, Presse und Kommunikation, Theater Magdeburg,10.09 2021