Titelfoto Credit: Renaud Doucet/Andre Barbe
Der heutige Tag sollte eigentlich der Tag der Premiere von Johann Strauß‘ als Produktion des Teams André Barbe (Bühne, Kostüme), Renaud Doucet (Regie) und Guy Simard (Licht) an der Staatsoper Hamburg stattfinden.
Auf seinem Facebook Profil verkündet Doucet, dass die Vorstellung heute ohne Publikum stattfindet und gefilmt werden wird. Ausschnitte sollen dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Ein schwacher Trost aber doch ein Trost.
Was Die Produzenten und die Darsteller, ja alle Beteiligten in den letzten Wochen leisteten, wohlwissend ,zumindest in nächster Zeit wird kein Live-Publikum das Ergebnis erleben, ist einfach bewunderungswürdig und verdient ein lautes, langanhaltendes Braviiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!!!
Daum habe ich mich entschlossen, sozusagen als zusätzliche Adventskalendertürchen eine kleine zweiteilige Hommage zu schreiben. Der heutige Teil gilt André Barbe, Renaud Doucet und auch Guy Simard.
Mit wenigen weiteren Worten, so mir wenige Worte möglich sind, möchte ich Ihnen einen Einblick in die Produktionen geben, die ich live in Hamburg, Köln, Bonn und Wien erlebte.
Die hier im Video gezeigte Produktion von Giachino Rossinis La Cenerentola, war die erste Oper, die ich in einer Barbe/Doucet Inszenierung sah und die mich sofort gefangen nahm! Welch fantasievolle art und Weise eine Geschichte neu zu erzählen ohne ihr die Substanz zu nehmen, das, was an Humor mit jede Takt, jedem Ton in Rossinis Musik erklingt!. Inzwischen habe La Cenerentola bereits mehrere Male erleben dürfen und jedes Mal war es musikalisch und auch optisch eine Freude. Bei jedem Besuch, gaben nicht nur die unterschiedlichen Sänger dem Stück eine neue andere Nuance und Besonderheit. Aber es gab auch bei jedem Besuch irgendeine Kleinigkeit, die ich zu vor noch nicht entdeckt hatte,
Ähnliches gilt auch für Jaques Offenbachs La belle Hélène. Da beginnt der Spaß schon vor der Vorstellung, wenn dem Publikum suggeriert wird, dass es sich auf einem Luxusdampfer befände oder in der Pause eine Stimme aus dem Off mitteilt: „Die kleine Elektra sucht ihren Vater.“ Und tatsächlich huscht immer wieder ein eher riesiges, wie ein kleines Mädchen gekleidetes Wesen mit Beil über die Bühne.
Ach, Sie kennen, mich ich könnte noch Seiten weise weiter erzählen. Doch schauen sie einfach selbst
Dann verstehen Sie vielleicht das ich mir diese Produktionen zurück an die Staatsoper Hamburg wünsche. Denn es sind Abende, die garantiert mit guter Laune auf und vor alle vor der Bühne enden.
Als ich vor fünf Jahren voller Spannung in der Volksoper Wien auf den Beginn von Giacomo Puccinis Turandot wartete, sprach mich mein Stehplatznachbar an, ein Herr um de 70. „Sie wissen schon“, sagte er, “ dass dies die ‚Insektenoper‘ ist?“ Ich wusste es, erwartete nun negative oder zumindest kritische Bemerkungen . Aber er lächelte, erklärte dies wäre sein fünfter Besuch und wünschte mir viel Spaß. „Spaß haben“ ist für eine Oper nicht unbedingt der richtige Ausdruck. „Fasziniert sein“ passt besser. Und wirklich die ungewöhnliche Interpretation, mit für mich nachvollziehbaren Verteilungen von Insekten art und Rolle. faszinierten. Besonders der Anblick des Henkers in Gestalt einer Gottesanbeterin, getaucht in violettes Licht, kommt mir noch heute immer wieder in den Sinn.
Aber auch die Inszenierung von Jaques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen überraschte erst in Bonn später an dr Volksoper Wien mit Fantasie und Detaillefreude. Es gibt Pyromantik, Erinnerungen an Nosferatu und Mussolini und und und …
Kurz: die Inszenierung ist so mystisch- fantasievoll und teilweise skurril, wie es E.T.A. Hoffmanns literarische Vorlagen zu dieser Oper sind.
Die Inszenierung von Richard Straus‘ Arabella für die Staatsoper Köln fand in einer Atmosphäre statt, die eigentlich für Musicalproduktionen gedacht sind, nämlich im Musical-Dom. Irgendwie konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch das Publikum ein anderes war. Ob so etwa eine Rolle spielt? Für jemanden für mich, der fest daran glaubt, dass auch die zwischen Bühne und Zuschauersaal fließende Energie sehr wohl auch Einfluss auf die Qualität einer Vorstellung hat. Gering vielleicht nur, aber doch in einem gewissen Maße.
Wie dem auch gewesen sei, Arabella war die bisher komplexeste und vielschichtigste Arbeit des Trios Barbe/Doucet/Simard die ich sah. Es gibt zwei zeitliche Spielebene, die sich überschneiden und deren Eindruck sich sicherlich nach mehrmaligen Sehen noch vertiefen würde.
Heute aber, so lassen verschiedene Beiträge des Produktionsteams und der Staatsoper Hamburg vermuten wäre wieder ein Abend gewesen, den das Publikum in Champagner-Laune verlassen hätte. Mehr als zwei Stunden hätten wir uns auf dem Prater in Wien und in seinen Attraktionen tummeln dürfen , in den schönem Stimmen und der Spielfreude des Ensembles, schwelgend.
Aber ich kann es nur noch ein Mal betonen, ich habe wirklich absolute Hochachtung vor der Energie, mit der die Produktion von allen Beteiligten zum Ende gebracht wurde. Und bitte, es soll mir nun keiner mit dem Begriff „Professionalität“ im Sinne von „Da gehört sich so“ kommen. Für mich ist das Herzblut! Herzblut, das uns wenigstens einige zu streamende Momente bieten wird.
Und dafür möchte ich heute Renaud Doucet, Andrè Barbe und Guy Simard von Herzen danken und auch dafür, dass ihre Produktionen, in den Bereich Regietheater gehören, der dem heutigen Publikum die Möglichkeit gibt, Neues zu entdecken, in unsterblichen Musikwerken, die auch heute noch viel zu erzählen haben, Durch die Musik ihrer Schöpfer, wie auch die Art wie sie szenisch umgesetzt werden.
Und morgen dann auf eine Art und Weise, die in meinen Gedanken noch den letztem Schliff braucht, den Darstellern auf der Bühne.
Bleiben Sie gesund!
Herzlich
Ihre Birgit Kleinfeld
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